Ein Urner Hoffnungsträger im Blauweissen Trikot

Der 16-jährige Enzo Walker aus Wassen durchläuft seit rund zehn Jahren beim HC Ambri-Piotta diverse Juniorenstufen. Der Elite Novizen Stürmer hofft dereinst, allenfalls den Sprung ins Fanionteam zu schaffen. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg.

Bericht und Bilder von André Sägesser

Vor rund zehn Jahren unternahm der Verantwortliche im Juniorenbereich des HCAP, der Russe Dimitri Tsygurov zusammen mit Sportjournalistenlegende Edi Inderbitzi eine Werbe-Tournee im Urner Oberland und besuchte diverse Schulen. Das Ziel der Aktion war es, Urner Schulkinder für den Eishockeysport und für Ambri zu begeistern. Dabei machten man auch in Wassen halt und animierte den damals 6-jährigen Enzo Walker und weitere andere Jugendliche an einem Schlittschuhkurs in Ambri teilzunehmen. Später schloss sich der junge Eishockey-Crack den Piccolos an und nahm auch an den offiziellen Meisterschaften teil. Während die älteren Junioren bereits in Biasca trainierten, durften die jüngeren noch in der Valascia ans Werk gehen. Drei Trainings pro Woche waren da zu absolvieren, plus Vorbereitungs- und Meisterschaftsspiele, teilweise mehrtägige, auch internationale Turniere im In- und Ausland (Frankreich, Italien.). Viel Reisen war da angesagt und damit verbunden wunderbare Erlebnisse. Ein nahrhaftes Programm für einen 6-8 Jahre alten Schüler. Zu den Spielen und den Trainings der unteren Juniorenstufen wurde Enzo immer von seinen Eltern nach Ambri und wieder nach Hause chauffiert, die dann jeweils auch mehrere Stunden in der „eiskalten“ Valascia mit Warten verbringen mussten. Seit 5 Jahren trainiert er in der Eishalle in Biasca.

Nur Dank Unterstützung der Eltern

So ist auch Enzo Walker, wie die meisten anderen Eishockey-Junioren auf die tolle Unterstützung der Eltern angewiesen. Nebst dem zeitlichen Aufwand sind natürlich auch Kosten für das Hobby da. Nebst dem Jahresbeitrag kommen somit auch die Spesen für den Benzin, Reisekosten und vieles andere mehr hinzu. Die zusätzlichen jährlichen Sommertrainingslager in La Chaux-de-Fonds und Verbier, plus Trainingslager in Ambri verschlingen grosse Summen. Bei der Ausrüstung kann man bei den jüngeren Spielern schon etwas aufs Budget schauen, denn der Hockey Club Ambri-Piotta organisiert jeweils eine Börse für gebrauchte Ausrüstungsgegenstände, welche man dann von älteren Junioren günstig erwerben kann. Auf neue Artikel bekommt man via den Hockeyclub einen rechten Rabatt zu gesprochen. “Ich bin meinen Eltern, Geschwistern und Grosseltern sehr dankbar dafür, was sie für mich machen. Meist holen sie mich am Arbeitsplatz ab, sonst würde die Zeit ins Training - vor allem bei Spielen unter der Woche - nicht reichen. Sie bringen mich zum Bahnhof oder fahren mich direkt ins Tessin, sie holen mich auch täglich wieder im Tessin ab und unterstützen mich an den Spielen. An dieser Stelle möchte ich auch meinen Fans danken, welche mich immer wieder bei Sponsorenläufen unserer Mannschaft finanziell unterstützen. Eishockey spielen beim HC Ambri-Piotta ist für einen Urner mit grossen Anstrengungen verbunden. Aber mir macht es wahnsinnig Spass“ meint Enzo Walker. 

Lehre und Sport unter einen Hut bringen

Seit Anfangs August macht der junge Urner Hockeycrack bei der RUAG in Altdorf eine Lehre als Polymechaniker. Lehre und Eishockeysport unter einen Hut zu bringen, ist für den Lehrling oft sehr schwierig. Zweimal in der Woche muss Enzo Walker in Altdorf auch in die Berufsschule, die anderen Tage arbeitet er im Betrieb. Eine enorme Belastung für einen 16-jährigen in einer Berufsausbildung. Vom 20 köpfigen Kader sind nur zwei Spieler, die eine normale Lehre machen. Die andern Clubkollegen gehen noch zur Schule oder spielen nur noch Hockey. Zum Lehren für die Berufsschule nützt er die Zeit im Zug oder im Team-Car bei der Fahrt an die Auswärtsspiele. Viel Zeit für Hobbys gibt es im gedrängten Programm nicht. Am ehesten in der sehr kurzen Sommerpause. Eistraining bis April, dann ca. drei Wochen Pause, darauf folgt das tägliche Sommertraining, um Kraft und Kondition aufzubauen und ab Juli beginnt wieder das Training auf dem Eis. In der wenigen Freizeit geht der Junioren-Eishockeyspieler aus Wassen am liebsten in die Berge, liest Fantasie-Bücher oder versucht sich in anderen Sportarten wie Tennis oder Schwimmen. Dies alles wird gut gewürzt mit Hip-Hop Musik. Wenn andere Jugendliche in seinem Alter am Wochenende in den Ausgang oder ins Kino gehen, schwitzt der Eishockey-Junior auf irgendeiner Eisbahn in der Schweiz und kämpft für die Farben des HC Ambri-Piotta.

Riesiger Aufwand für Hockey beim HC Ambri-Piotta

Im Sommer 2008 rückte Enzo Walker in die Mannschaft der Elite Novizen nach. Trainiert werden die jungen HCAP Cracks vom ehemaligen (und wieder aktuellen) Coach der „Prima Squadra“ dem Tschechen Rostislav Cada. Assistiert wird Cada von Mauro Foschi, der in den 70er Jahren selber das Dress der ersten HCAP-Mannschaft trug. Nach einem einwöchigen Sommertrainingscamp im August begann am 20. September die Meisterschaft. Die Heimspiele und Trainings absolvieren die Novizen Junioren in Biasca. Das Wochenprogramm ist bereits auf diesem Niveau recht happig. Am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag ist Eis-Training angesagt. Wer die alte tschechische Eishockey-Schule unter Coach Cada kennt, weiss, dass da nichts mit herumalbern ist. Enzo Walker reist mit dem Zug via Göschenen ins Tessin und erreicht die Eishalle in Biasca kurz vor 20.00 Uhr. Die anderen Mannschaftskollegen beginnen bereits um 19.00 Uhr mit einem Krafttraining. Danach wird rund anderthalb Stunden hart trainiert. Immer mehr kommen auch taktische Meetings und das Einüben von Powerplay- und Boxplaysituationen dazu. Nach dem Training geht es zurück mit dem Teambus bis Ambri, dort wartet bereits das Auto der Eltern und es geht wieder heim ins Urnerland. So endet ein Tag des 16-jährigen Eishockeyspielers, der am Morgen um 5 Uhr begonnen hat, kurz vor Mitternacht im heimischen Wassen im Bett. Hinzu kommen dann natürlich die Spiele am Mittwoch oder an den Wochenenden. Bei den Heimspielen in Biasca kommen meistens auch die Eltern, Geschwister und Grosseltern und unterstützen das Eishockeytalent aus Wassen. Oft begleiten Sie ihn auch zu den Auswärtsspielen oder zu mehrtägigen Turnieren, zu denen sie oft auch gemeinsam mit den Tessiner Eltern per Car mitreisen. So sind nebst den Freundschaften im Team auch solche unter den Eltern entstanden. 

Reisen nach Romanshorn und Genf

Während der Meisterschaft sind die Elite Novizen des HCAP in der ganzen Schweiz unterwegs. Die weitesten Reisen der Hockey Tour de Suisse gehen nach Genf, Freiburg und in die Ostschweiz nach Romanshorn. So kommt es vor, dass der junge Eishockey-Crack nach Auswärtsspielen erst morgens um zwei Uhr zuhause ankommt. Ab und zu musste er daher für Auswärtsspiele und auch für das Trainingslager vom Betrieb aus seinem Ferienguthaben beziehen, was ihm bisher auch dankenswert ermöglicht wurde. Die Meisterschaft der Elite Novizen geht nun in die entscheidende Phase. Der Modus ist ähnlich wie bei der ersten Mannschaft mit einer Vor– und Rückrunde und den Playoffs. Die schlechteste Mannschaft der 12 Teams steigt am Schluss in die tiefere Novizen Top Liga ab. Die ersten sechs Teams der Tabelle sind gesetzt für die Playoffs. Die verbleibenden sechs Mannschaften machen die restlichen 2 Playoff-Plätze untereinander aus. Enzo Walkers Team belegt momentan den neunten Tabellenrang und ist im Rennen um die ersten acht Plätze immer noch dabei.

Keine Sprachprobleme

Der Urner Hockeyspieler kennt praktisch keine sprachlichen Probleme. Von Anfang an wurde nur italienisch gesprochen. „Mit meinen Teamkameraden unterhalte ich mich nur auf Italienisch. Die beiden Trainer Rostislav Cada und Mauro Foschi geben ihre Anweisungen auf Italienisch. Coach Cada spricht aber nur Deutsch, wenn er mit mir nicht zufrieden ist. Notfalls hat es aber bis jetzt immer einen Spieler in der Mannschaft gehabt, der etwas Deutsch spricht. Assistenzcoach Mauro Foschi und der Juniorenverantwortliche Luca Cereda sprechen ebenfalls etwas Deutsch. Ganz nebenbei kann ich nun dank dem Hockey davon profitieren, mein Italienisch täglich zu verbessern. Die Kommunikation läuft eigentlich sehr gut und ich habe keine Probleme damit.“ meint Enzo Walker.

Aktuelle Ambri Situation beschäftigt auch die Junioren

Natürlich beschäftigt die Novizen-Junioren des HCAP auch die aktuelle Situation der ersten Mannschaft. Die jungen Talente gehen so oft es geht in die Valascia und fiebern mit der „Prima Squadra“ mit. Sie bekommen vom Club Stehplatzsaisonkarten und sind, wenn sie spielfrei sind, auch meistens vor Ort. Auch wird untereinander rege diskutiert, was in der ersten Mannschaft abgeht. Schliesslich sind die Ambri-Profis ihre Vorbilder. Für den jungen Urner Sportler ist dies speziell Erik Westrum, den ihn begeistert. Auch Enzo Walker hat sich vom HCAP in dieser Saison mehr erhofft: „Ambri ist ein Club mit Herz aber wenig Geld“. Das bekommen auch wir Junioren manchmal zu spüren. Da wird man doch ab und zu etwas neidisch, wenn man neue Stadien wie das von Kloten zu sehen bekommt oder die Teamausrüstung der anderen Clubs. Ich habe mir die Saison auch anders vorgestellt. Der Schock des Ausfalls von Thomas Bäumle haben die Leventiner nicht wegstecken können. Auch hat die Verletzung von Erik Westrum hat das seinige beigetragen. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.“ Der Elite Novizen Stürmer hofft dereinst, allenfalls den Sprung ins Fanionteam zu schaffen. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Nächste Saison könnte für den Urner die Elite Junioren zum Thema werden. Und wie bemerkte einmal Fausto Croce, aktueller Trainer in den Reihen des Tessiner Traditionsclub und ehemaliger Spieler in der ersten Mannschaft: „Die Urner Jungs beim HCAP sind aus gutem Holz geschnitzt. Sie sind zäh, belastbar, willig. Daraus lässt sich etwas machen!“