Interview mit Sportchef Peter Jaks (November 2007) 

 

Interview: André Sägesser

 

 

"Ambris Handicap ist die veraltete Infrastruktur"

Das Urner Wochenblatt hat die Nationalmannschaftspause zum Anlass genommen um den Sportchef des HC Ambri-Piotta nach seinen Eindrücken zu befragen. Dabei nahm Peter Jaks kein Blatt vor den Mund und gab bereitwillig Auskunft.


Während der ersten Nationalmannschafts-Pause hat man nun Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen. Bist du zufrieden mit den Leistungen der Mannschaft? 
Peter Jaks: Momentan machen wir eine harte Zeit durch. Wir hatten im ersten Spiel mit dem 5:0 gegen Fribourg einen optimalen Start. In den ersten Spielen verletzten sich aber Benoit Pont und Hnat Domenichelli. Seit dem 15. September konnten wir nie mehr mit der kompletten und bestmöglichsten Formation antreten. Was mir aber sehr gefällt ist, dass die Mannschaft trotz eines Rückstands weiter kämpft bis zur letzten Spielsekunde. Was es nun braucht ist Geduld. Wir dürfen jetzt nicht den Kopf verlieren und plötzlich von unserer Strategie abkommen.

Die Club Leitung hat für diese Saison ein neues Konzept vorgestellt. In Ambri will man mit jungen Cracks eine schlagkräftige Mannschaft aufbauen. Wie steht es um Ambris Junioren Teams eigentlich?
Jaks: Es reifen da einige viel versprechende Talente heran. Es hört sich zwar jetzt blöd an, aber in ein bis zwei Jahren werden wir eine starke HCAP Elite Junioren Mannschaft am Start haben, dies obwohl unsere ältesten Junioren auf dem zweitletzten Platz in der Tabelle sind. Zum Glück sind wir noch vor dem HC Lugano rangiert. Man muss aber beachten, dass die vier besten Spieler (Gregory Sciaroni, Mauro Zanetti, Daniele Margithola und Goalie Giacomo Beltrametti) in die 1. Mannschaft oder im Falle von Beltrametti nach Chur beordert wurden und Peter Malkovs Team dadurch viel Substanz verloren hat. Nachgerutscht sind einige Talente die zum Teil über drei Jahre jünger sind als das Gros der restlichen Spieler. 

Wie sieht zurzeit die aktuelle Verletzten Situation des HCAP aus?
Jaks: Mauro Zanetti, der die Hand gebrochen hatte, ist wieder beschwerdefrei im Training. Gerade vor ein paar Tagen wurde Alain Demuth am Knie operiert und wird bei einem guten Heilungsprozess in rund drei Wochen wieder mittun können. Ebenfalls wieder fit für das Spiel gegen Kloten am 17. November ist Zdenek Kutlak, der seine Bänderzerrung auskuriert hat. Ganz schlecht sieht es dagegen bei Benoit Pont aus. Der Romand hat sich eine Hirnerschütterung im zweiten Spiel zugezogen. Da es für Pont nicht die erste Hirnerschütterung war, ist höchste Vorsicht geboten. Jede körperliche Belastung verursacht bei ihm immer noch heftigste Kopfschmerzen. Mitte Januar wird nochmals mit den Ärzten zusammen gesessen und analisiert. Ich befürchte aber, dass Benoit Pont diese Saison das Eis nicht mehr betreten wird. 

Fast jedes Team der NLA und NLB sucht Spieler. Warum ist der Spielermarkt in der Schweiz so ausgetrocknet?
Jaks:
Ja, dem ist so. Ich werde dauernd von fast allen NLB Teams nach überzähligen Spielern angefragt. Ich glaube, ausser Lausanne haben sich alle B-Teams mal gemeldet. Der Markt ist deshalb ausgetrocknet, weil bekanntlich in der NLA ja nur noch vier Ausländer eingesetzt werden dürfen. Das heisst, alle Teams müssen einen Schweizer Spieler mehr in der Mannschaft haben. Für die ganze Liga sind das schon 12 Cracks, die zusätzlich benötigt werden. Dazu kommen die normalen Abgänge, darunter verstehe ich altersbedingte Rücktritte oder gesundheitliche Probleme der Spieler, die ein Weiterspielen verunmöglichen. Zurzeit werden in beiden Ligen vor allem Verteidiger gesucht.

Hat Ambri im Sinn, einen fünften Ausländer zu verpflichten und welche Kandidaten kommen dabei in Frage?
Jaks: Natürlich sind wir am Ausloten des Ausländermarktes. Der ist aber auch ziemlich ausgetrocknet. Viele Spieler locken die Dollars der russischen Top-Clubs. Da haben wie keine Chance mitzubieten, das ist eine andere Liga. Leider hat uns vor ein paar Tagen Zdenek Blatny nun endgültig verlassen, obwohl wie Ihm einen Vertrag bis zum Saisonende offeriert hatten. Ich verstehe aber, dass der Tscheche ein Angebot aus seiner Heimat vorgezogen hat. Wir waren mit Blatny sehr zufrieden. Er kam meiner Meinung nach immer besser in Schuss je länger er in Ambri war. Beim ersten Auftritt war er körperlich noch nicht in bester Verfassung. Man merkte ihm an, dass er „nur“ trainiert hatte und die fehlende Spielpraxis war nicht zu übersehen. Mit den acht Ausländerlizenzen werden wir aber haushälterisch umgehen. Wir holen nur einen Spieler - sei es Verteidiger oder Stürmer - der uns auch weiterbringt. Ein ausrangierter NHL Spieler, der über ein Jahr wahrscheinlich keinen Ernstkampf mehr hatte, bringt uns nichts. Bis ein solcher Crack eingespielt und austrainiert ist vergehen mindestens sechs Wochen. Da lass ich lieber einen hungrigen Junior auflaufen. Transferschluss ist übrigens am 31. Januar. Bis dann werden wir hoffentlich auch eine Verstärkung verpflichtet haben.

Bereits haben wieder einige Spieler Verträge bei anderen Clubs für nächstes Jahr unterschrieben. Was halten Sie von diesen frühen Transfermeldungen?
Jaks: Ich finde das ganz schlecht für das Schweizer Eishockey. Ich würde eine Regelung wie in Nordamerika bevorzugen. Dort dürfen die Spieler erst verhandeln, wenn die Saison zu Ende ist. Wer die Abmachung nicht einhält, wird gebüsst und gleich gesperrt und glaube mir, irgendwann kommt es immer aus. Hier wird tatsächlich schon kurz nach dem Saisonstart verhandelt. Die Spieler mit auslaufenden Verträgen haben so etwas wie Existenzangst und wollen schon früh wissen, wo sie nächstes Jahr unter Vertrag stehen. Für Nationalspieler ist das weniger schlimm, sie kommen immer bei einem Team unter und dies auch zu guten Bedingungen. Ich muss aber auch schon früh am Ball bleiben und die Liste der auslaufenden Verträge bestens analisieren. Grundsätzlich ist jeder Spieler, dessen Vertrag ausläuft interessant für mich. Leider ist der HC Ambri-Piotta nicht die erste Wahl, wenn es darum geht, Spieler zu engagieren. Die veraltete Infrastruktur hält viele Spieler davon ab, in Ambri ihr Brot zu verdienen, obwohl wir nicht schlechter bezahlen als andere Clubs.

Also ein ziemliches Handicap für Deine Arbeit...
Jaks: Ich war letzte Woche am Vormittag an einem Training anwesend, als es fürchterlich durch die Valascia zog. Unter diesen Umständen zu trainieren macht nicht wirklich viel Spass. Über den Komfort der Valascia sprechen wir lieber nicht. Ich bin jetzt fünf Jahre im Amt und man sprach immer und immer wieder von Renovation oder Neubau der Valascia. Leider ist bis jetzt immer noch nichts geschehen. Was es dringend braucht ist ein positiver Entscheid, ein konkretes Datum mit der Eröffnung und dann ein Spatenstich. Das hätte bestimmt auch Signalwirkung für angehende Transfers. Momentan kommt es mir vor, wie wenn ich mit der alten Valascia einen grossen, schweren Klotz am Bein habe, wenn es um Transferverhandlungen geht. 

Es gab vor Wochen ein Transfer Hick-Hack um Hnat Domenichelli? Wie sieht nun die aktuelle Lage aus?
Jaks: Wie es der Presse auch kommuniziert wurde, bleibt Hnat Domenichelli bis zum Saisonende bei uns. Wo Hnat Domenichelli nachher spielt, weiss nur er selber. Auf alle Fälle haben wir ihm eine gute Offerte gemacht. Es stimmt aber auch, dass wir Domenichelli hätten verkaufen können und dadurch viel Geld in die Clubkasse gespült worden wäre. Ich bin sehr froh, dass der Verwaltungsrat so entschieden hat. Der Kanadier ist die Seele der Mannschaft und wird uns, wenn er wieder 100% fit ist, noch viel Freude bereiten. Nach seiner Verletzung konnte Domenichelli fast fünf Wochen nicht trainieren. Für die Spiele hatte er auf die Zähne gebissen, obwohl er kaum laufen konnte. Das macht für mich ein Teamleader aus.

Du stehst im Rampenlicht und musst öfters massive Kritik einstecken. Wie gehst du damit um?
Jaks: Das gehört zu meinem Job. Wenn die Kritik berechtigt ist, habe ich keine Mühe damit. Ich habe in den vergangenen Jahren unzählige Mails von Ambri Fans erhalten. Obwohl teilweise diese Mails unter der Gürtellinie waren, habe ich auf alle geantwortet. Natürlich ist es einfacher zum Antworten, wenn es sportlich gut läuft. Trotzdem gefällt mir mein Job!!

Vielen Dank für das Gespräch.