Saisonrückblick 2007/08

Ambri konnte seine Jubiläumssaison in der Playout Serie gegen den EHC Basel vorzeitig beenden. Die Leventiner sicherten sich damit ihren Platz in der höchsten Liga. Nach einer schwierigen Saison mit etlichen verletzten Schlüsselspielern zeigte die Mannschaft Charakter und Einsatz. 

Es war für den 70jährigen Traditionsverein aus der Leventina eine Frust Saison. Zum Schluss trotz allem mit einem guten Ende. Angefangen hatte es mit einer Hiobsbotschaft schon in der Vorbereitungsphase. Luca Cereda (Bild) musste seine Karriere wegen Herzproblemen per sofort beenden. Medizinische Checks während des Sommertrainings hatten ergeben, dass der 26jährige Stürmer wegen Herzproblemen nicht mehr Spitzensport betreiben darf. Verständlicherweise konnte diese Lücke im Mannschaftsgefüge nicht mehr geschlossen werden. Der HCAP hatte sich auf einigen Positionen verändert. Insgesamt haben 11 Spieler den Verein verlassen. Darunter die drei Eigengewächse Mattia Baldi, Tiziano Gianini und Luca Cereda. Trotzdem waren die vielen Ambris Fans diesseits und jenseits des Gotthards für die Jubiläumssaison zuversichtlich und kamen in Scharen an die Mannschaftsvorstellung des HCAP. Vorgestellt wurden insgesamt 29 Spieler, die zum Kreise der ersten Mannschaft gehören. Sehr emotional war die Verabschiedung von Luca Cereda. Aus dem eigenen Nachwuchs wurde Gregory Sciaroni, Daniele Marghitola und Mauro Zanetti in die erste Mannschaft eingebaut. Für die zwei neu zu besetzenden Ausländerposten wurden der Tscheche Zdenek Kutlak und der Amerikaner Erik Westrum vorgestellt. Insgesamt 10 Vorbereitungsspiele absolvierte der HCAP, die Bilanz war dabei mit vier Siegen, einem Remis (in Sursee) und fünf Niederlagen durchzogen. Dabei wurde einige Male schonungslos aufgedeckt, dass Ambri gegen eine läuferisch und technisch bessere Mannschaft nur geringe Chance hat.

Den Leventinern gelang ein Saison-Auftakt nach Mass. Gleich mit 5:0 wurde Fribourg in der Valascia weggeputzt und Ambri wurde gar erster Leader. Wie genau dieses Spiel einzuordnen war, wusste man erst nach den darauffolgenden Spielen in Lugano, gegen Zug und in Davos. Auf alle Fälle zeigte der HCAP viel Herzblut, Aggressivität und setzte seine Mittel ideal ein. Neuzuzug Erik Westrum (Bild) zeigte mit zwei Toren bereits, dass er ein valabler Ersatz für Jean-Guy Trudel sein könnte. Ein Wermutstropfen gab es an diesem Abend dennoch: Hnat Domenichelli hatte sich am Fuss verletzt und fehlte danach mehrere Partien. Doch nicht genug. Im ersten Derby der Saison erwischte es auch noch Benoit Pont, der nach einem Ellbogen-Check von Landon Wilson eine schlimme Gehirnerschütterung erlitt. Der Mittelstürmer erholte sich nicht mehr und verpasste sämtliche Partien bis zum Saisonende. Einzelrichter Reto Steinmann brummte Landon Wilson für den Check gegen den Kopf von Benoit Pont nur eine Spielsperre und eine Busse von Fr. 1000.- auf. Das Derby ging mit 2:1 nur knapp verloren. Als Ersatz für Hnat Domenichelli holte der HC Ambri Piotta den Tschechen Zdenek Blatny. Immerhin absolvierte der Stürmer mit Atlanta und Boston insgesamt 25 NHL-Partien. Der Leitspruch zu Beginn der Saison. “noi vogliamo gente che lotta“ – „wir wollen Leute, die Kämpfen“ nehmen sich die Spieler der Squadra Bianco Blu zu Herzen. Wie Ambri in den ersten drei Meisterschaftsspielen auftrat, war beeindruckend. Nach vier Niederlagen sorgte das zweite Saisonderby wieder für positive Schlagzeilen. Die rund 6000 Zuschauer bekamen alles gezeigt, was den Eishockey-Sport so attraktiv macht. Chancen für beide Mannschaften, harte Checks, Schlägereien, Schiedsrichter-Fehlentscheidungen. Emotionen pur und am Schluss ein HCAP-Sieg in Extremis im Penaltyschiessen. Die Leventiner konnten aber ihre guten Leistungen im ersten Qualifikationsviertel nicht bestätigen und kassierten danach sieben Niederlagen in Serie. Darunter auch das offizielle Spiel des 70-Jahr-Jubiläums des HC Ambri-Piotta gegen Davos. Es verlief gar nicht nach dem Geschmack der 4500 Fans. Ambri spielte diesen Match mit Retro-Trikots aus vergangenen Zeiten. Ohne Werbung, ohne Schnickschnack, einfach blau, mit dem Logo HC Ambri-Piotta und der Nummer. Höhepunkt der Niederlagenserie war in Rapperswil, als die Nordtessiner brutal mit 8:0 abgefertigt wurden.

Nach den eher mässigen Leistungen im Herbst avancierte der HCAP im Dezember zum Team der Stunde. Mit dem gleichen Coach und der identischen Mannschaft gelangen den Leventinern acht Siege in Serie. Die Squadra Bianco Blu unterstrich somit eine ausgesprochene Charakterstärke. Angetrieben von einer überragenden ersten Sturmreihe und einem omnipräsenten Thomas Bäumle im Tor, kam die Mannschaft von Coach Jan Tlacil immer näher an die Playoff-Plätze heran. Der neu verpflichtete Kanadier Martin Sonnenberg, ein guter Freund von Erik Westrum, harmonierte ausgezeichnet mit dem Amerikaner und Hnat Domenichelli und lehrte die Gegner das Fürchten. Im Schatten der ersten Sturmreihe wurde auch die zweite Angriffsformation immer gefährlicher und produktiver. Paolo Duca (Bild links) und Reto Stirnimann (Bild rechts) sorgten mit ihren Toren immer wieder für Hoffnung, die Playoff-Teilnahme dennoch zu schaffen. Die Ambitionen wurden aber brutal geknickt. Am 22. Dezember, während einem weiteren erfolgreichen Spiel in Langnau, verletzte sich Hnat Domenichelli schwer und riss sich das Kreuzband. Die Saison war für ihn aus und vorbei. Der HCAP zeigte aber auch im neuen Jahr gute Leistungen und versuchte mit viel Kampfkraft und Charakterstärke, das Unmögliche doch noch möglich zu machen. Doch der Substanzverlust mit dem Ausfall von Hnat Domenichelli war nicht zu übersehen, der treffsichere Kanadier fehlte den Leventinern an allen Ecken und Enden. Domenichelli hat dann im Januar allen Spekulationen betreff seiner Zukunft ein Ende gesetzt und beim Erzfeind Lugano einen Vertrag über sechs Jahre unterschrieben. Voraussichtlich 2009 erhält er den Schweizer Pass und wird dann das Ausländerkontingent nicht mehr belasten. In den fünf Jahren und 219 Spielen für Ambri schoss Domenichelli 135 Tore und buchte 160 Assists. Im Januar hat Sportchef Peter Jaks Corsin Camichel verpflichtet. Der Bündner wechselte von Bern zurück zu Ambri. Im Tausch erhielt der SC Bern von Ambri den Ersatz-Goalie Jonas Müller. Doch auch Rückkehrer Corsin Camichel konnte die Lücke nicht schliessen. Immer wieder führten Unkonzentriertheiten in der sonst schon instabilen Verteidigung zu vielen Gegentoren. 

Zwar hatte Ambri bis ein paar Runden vor dem Ende der Qualifikation noch eine theoretische Chance das Saisonziel zu erreichen. Aber die Chancen auf Platz acht wurden im Januar immer kleiner. In Anbetracht der Tatsache, dass einige Leistungsträger fast pausenlos auf dem Eis standen auch kein Wunder. Einer dieser Leistungsträger war Erik Westrum. In seiner ersten Saison auf Schweizer Eis schleichte sich der Amerikaner mit seinen Toren und Assists langsam aber sicher an die Topskorer-Spitze. Nach 50 Runden stand er mit 33 Toren und 39 Assists an erster Stelle, drei Punkte vor Langnaus Josh Holden. Liga-Topskorer Westrum hatte seinen Vertrag mit dem HCAP vorzeitig nochmals um zwei Jahre verlängert. Der Amerikaner hatte bereits im Oktober bis 2010 unterschrieben, nun wurde eine Einigung bis 2012 getroffen. Der 28jährige Westrum möchte so dem HCAP helfen, eine langfristige Aufbauphase weiterzuführen. Die Finanzierung wurde von einigen HCAP-Freunden mitgetragen, so dass Ressourcen für andere Transfers bleiben. Sportlich war die Aufholjagd nicht mehr zu schaffen. Die Playoff Quali wurde bereits zum zweiten Mal in Serie verpasst. Sehr schmerzlich für den Traditionsverein aus der Leventina, welcher 2007 das 70-Jahr Jubiläum feierte. Während der letzten Runde ging es aber in den Schweizer Eishockey Arenen noch auf und ab. Zwischendurch wäre gar Lugano als Playout-Gegner für Ambri in Frage gekommen. Aber zum Schluss blieb alles beim Alten und Ambri spielte seine Playout-Runde gegen die SCL Tigers. Betrachtete man die Bilanz der beiden Teams während der Regular Season, so wäre das für Ambri durchaus eine lösbare Aufgabe gewesen. Doch die ruppige Spielart und das fortwährende Provozieren von Erik Westrum durch die Emmentaler machte Ambri einen dicken Strich durch die Rechnung. Die Leventiner mussten sich erst im finalen siebten Spiel geschlagen geben, nachdem man in der Valascia im sechsten Aufeinandertreffen die Chance hatte, alles klar zu machen. Immerhin konnte dann wenigstens die letzte Playout Serie gegen den EHC Basel kurz gehalten werden. Die Mannschaft ging die nicht zu unterschätzende Aufgabe mit der notwendigen Konzentration und Entschlossenheit an und bezwang das Schlusslicht mit 4:0 Siegen. Dies obwohl den Leventinern in den restlichen Spielen Topskorer Erik Westrum fehlte. Der Amerikaner hatte sich bei einer wüsten Schlägerei mit Langnaus Josh Holden eine Gehirnerschütterung zugezogen. 

Man spürt auch nach dem Saisonende noch immer eine gewisse Unruhe. Für die Fans und die Freunde des Tessiner Traditionsvereins gibt es noch einige Fragezeichen. Wer wird noch nach Ambri kommen? Was läuft in der Vorstandsetage? Gemäss Präsident Gian-Paolo Grassi wird der HCAP sein Budget für die erste Mannschaft um ca. Fr. 700'000.- auf die neue Saison hin erhöhen. Dies gibt etwas mehr Spielraum beim Kader. Die Stadionfrage ist evaluiert worden. Der Umbau der Valascia würde in etwa 22 Mio., ein Neubau ca. 25 Mio. kosten. Aufgrund der relativ kleinen Differenz ist klar, dass man auf einen Neubau tendiert. Die Chancen stehen nicht schlecht. Der Ball liegt jedoch bei der Politik, denn ohne Geld vom Kanton Tessin bzw. der Öffentlichkeit ist ein Neubau unrealistisch. 

Als Trainer ersetzt der amerikanische Olympiasieger John Harrington (Bild) Jan Tlacil. Der 51jährige war als Spieler 1980 Mitglied der legendären US-Truppe in Lake Placid, als sie die hochfavorisierten Russen mit einem Team aus mehrheitlichen Universitätsspielern unter Coach Herb Brooks 4:3 schlugen. Als Spieler absolvierte Harrington eine Saison in der Schweiz beim HC Lugano. Zuletzt war er 15 Jahre lang Coach bei einem Universitätsteam in Nordamerika. Neben ihm ist Diego Scandella aus dem Staff von Lugano eine Variante als Assistenztrainer. Der bisherige Assistenztrainer Jean-Jacques Aeschlimann wird in Zukunft wohl als General Manager Ambris amten. Eine Doppelfunktion wie bisher erscheint schwierig und wohl kaum machbar zu sein. Als Ersatz für Hnat Domenichelli könnte der Kanadier Darren Haydar ein Thema werden. Auch Kirby Law, der mit Westrum eine hervorragende Saison bei Houston absolviert hatte, könnte ein Thema sein. Martin Sonnenberg würde man gerne in der Leventina halten, ihm wurde eine Offerte als 5. Ausländer gemacht. Was zur Komplettierung des Teams noch fehlt sind mindestens ein Verteidiger und ein Stürmer mit Schweizer Pass. Mit  Fabian Stephan (Bild links) von den Kloten Flyers und mit Ralph Bundi (Bild rechts) von Basel konnte Ambri auf die kommende Saison hin bereits zwei neue Verteidiger verpflichten. Nach diesen beiden Zuzügen in der Defensive holte Ambri mit Emanuel Peter auch Verstärkung im Sturm. Der 23jährige Stürmer kommt aber nur in die Leventina, wenn der EHC Biel nicht in die NLA aufsteigt. Peter ist ehemaliger Captain der Junioren-Nationalmannschaft und gilt als körperlich starker Spieler. Auch in Zukunft muss es der technischen Kommission gelingen, talentierte und hungrige Spieler nach Ambri zu lotsen. Mit dem Ausnahmetalent Gregory Sciaroni, Mauro Zanetti und Verteidiger Daniele Marghitola reifen viel versprechende Spieler aus den eigenen Reihen heran. Schlussendlich kann Ambri nur dank einigen Nachwuchspielern erfolgreich arbeiten und vor allem auch weiter überleben. Eines ist aber wohl den meisten Ambri-Fans klar: Auch für die kommende Saison ist ein Platz unter den ersten acht Teams ohne namhafte Verstärkungen eine sehr hohe Hürde.

Fipo, Vögi und Tiz