Indianer McCourt kehrt zum Blauweissen Stamm zurück

Auf Einladung des HCAP Fanclubs BL 15 kommt die Ambri-Legende Dale McCourt wieder ins Tessin. Noch immer vermag der Kanadier die vielen HCAP-Fans zu faszinieren.

Dale Allen McCourt, aus Falconbridge, Ontario, bleibt bis heute einer der namhaftesten NHL-Spieler, die in der Schweiz und sogar in Europa je gespielt haben. Auch ohne diese Tatsache, in Ambri wird der Stürmer mit der Nummer 15 schlechthin immer eine unvergessliche Legende bleiben. Der Kanadier mit indianischer Abstammung wurde 1984 Ambris Vorstandsetage vom ehemaligen HCAP Spieler und Trainer Derek Holmes empfohlen. Sein Palmares war zum Zeitpunkt des Wechsels in die Leventina beachtlich: Beim Spielerdraft 1977 als Nummer 1 von den Detroit Red Wings gezogen, danach in drei von vier Saisons bis 1981 bester Skorer seines NHL Teams. Dale McCourt spielte schon mit 15 Jahren bei den Junioren in der OHA bei den Sudbury Wolves. Ab der folgenden Saison waren die Hamilton Red Wings sein Team. Als das Team 1974 unter dem neuen Namen Hamilton Fincups antrat war er der Topscorer. Er erzielte zwei Saisons nacheinander deutlich über 100 Punkte und führte sein Team 1976 zum Gewinn des Memorial Cup. Ein erstes Highlight in der noch jungen Karriere, denn der Memorial Cup ist die offizielle kanadische Juniorenmeisterschaft im Eishockey und hat Kult Status. Danach zog sein Team erneut um. Auch bei den St. Catharines Fincups war er wieder der Superstar. Beim NHL Amateur Draft 1977 war es dann auch keine Überraschung, dass die Detroit Red Wings das erste Draftrecht dafür nutzen, um ihn zu verpflichten. Gleich zur Saison 1977/78 gab er sein NHL-Debüt. Mit 33 Toren spielte er eine sehr starke Rookiesaison. Er war bester Skorer bei den Red Wings und half mit, dass sich das Team erstmals seit 1970 wieder für die Playoffs qualifizierte. Es folgten Streitigkeiten, da die NHL festlegte, dass er als Ausgleich für die Verpflichtung des Startorwarts Rogatien Vachon an die Los Angeles Kings abgegeben werden sollte. McCourt weigerte sich zu wechseln und konnte nach langem hin und her bleiben. In seinen ersten vier Jahren in Detroit gelang es nur dem Tschechen Václav Nedomanský einmal knapp ihn als besten Skorer zu übertreffen. Der Grund, den ihn dazu bringt trotz diesen Erfolgen das Leben und auch den Kontinent zu wechseln, ist auch mehr einzigartig als selten: Als der Indianer McCourt den Transfer nach Los Angeles abzulehnen wagt (um dies zu erreichen, geht er bis zum amerikanischen Obergericht), setzt er sich zwar durch, aber er wird ausgeschlossen und wird zum schwarzen Schaf der gesamten Profiliga.

Flucht aus der NHL

Warum entscheidet sich ein Spieler mit einem Durchschnitt von fast einem Punkt pro NHL-Spiel nach Europa zu gehen? Dazu meint die Ambri Legende McCourt: „Ich war an Los Angeles verkauft worden im Zusammenhang mit einem Spielertausch. Ich hatte keine Kontrolle, ich fühlte mich in Detroit wohl, beinahe hätten wir den Stanley Cup gewonnen und ich verstand nicht, warum ich den Transfer hätte akzeptieren sollen. Ich habe die Entscheidung bis vor das Gericht gebracht: Ich habe den Prozess zwar gewonnen, aber meine Moral sank. Die andere Partei, welche verloren hatte, schwor sich zu rächen: Ich spielte ohne Leidenschaft. Mit 27 war ich bereit aufzuhören, als ein Agent mir von der Schweiz erzählte. Zusammen mit meiner Familie – meine Frau Janet, und meinen kleinen Söhnen Derek (3 Jahre) und Clayton (5 Monate) habe ich die Herausforderung angenommen. In Ambrì habe ich dann wieder die Leidenschaft für das Eishockey entdeckt.” In 553 Spielen für Detroit, danach für Buffalo und am Ende in Toronto, weist er eine stolze Bilanz von 203 Toren und 291 Assists vor. Die NHL wird für den Stürmer immer mehr unerträglicher. McCourt, der den Sport mehr als das Geld liebt, entscheidet sich zu einem Wechsel nach Europa. “Chief” – sein Spitzname ist auf seine indianischen Wurzeln zurückzuführen – landet im Jahre 1984 deshalb in der Leventina und er bleibt sogar 10 Jahre: 7 Jahre als Spieler und 3 Jahre als Assistenz-Trainer. Für den HCAP erzielt er 232 Tore in 264 Spielen und gibt 157 entscheidende Pässe. Er wird ein HCAP-Mythos, der Goalgetter, der Leader, der Anstifter, das Symbol, ganz einfach das Idol. McCourt ist wahrscheinlich der einzige Spieler der Welt, der nach einem Tor (egal wie schön und wie wichtig) nie jubelte. Darauf angesprochen meinte die Ambri Legende in einem der wenigen Interviews: „Das ist einfach meine Art. Mein Vater hat mich früh gelernt, dass Tore schiessen nichts anders ist, als meinen Job gut zu machen.“ Dale McCourt, heute 51 jährig, war immer verschlossen den Medien gegenüber. Seine Interviews waren legendär, er beantwortete die Fragen der italienisch sprechenden Reporter mit „ja“ oder „nein“ und flüchtete aus Angst vor Interviews und Journalisten vielfach als erster Spieler in die Garderobe. Nach seiner Zeit in der Leventina wurde Dale McCourt zusammen mit Bryan Lefley Assistenztrainer beim SC Bern. In der Saison 1998/99 übernahm der Kanadier die Berlin Capitals als Trainer. Zwei Jahre war er Cheftrainer des DEL-Teams. Ihm zu Ehren wird beim HC Ambri-Piotta die Nummer 15 nicht mehr vergeben. 

Neues Leben nach dem Eishockey

Die Familie McCourt lebt heute in einer kleinen Villa am Lake Wanapitei, selber gebaut nach eigenen Ideen. Die Wände sind aus echten Baumteilen und haben den Charme von einem Schweizer-Chalet. Der See ist auch der Ort, wo die Familie McCourt ihre Wurzeln hat. Indianische Wurzeln notabene. Denn seine Grossmutter, eine Indianerin liierte sich damals mit einem kanadischen Felljäger. Nur wenige Kilometer vom See weg befindet sich das Städtlein Falconbridge. Bekannt von der gleichnamigen Nickel Grube, die viele Grubenarbeiter aus der ganzen Welt angezogen hat. Nachdem Dale McCourt vor Jahren nach Kanada zurückgekehrt ist, hat er vorläufig mit der Vergangenheit als Spieler und Trainer abgeschlossen und wählte einen total neuen Beruf aus: Der ehemalige Eishockey Crack wurde Lastwagenfahrer für eine Umzugsfirma. Jede Woche fährt er mit einem Beifahrer quer durch ganz Kanada, von Küste zu Küste. „Ich habe gedacht, dass es eine gute Sache war, den Beruf zu wechseln. Ich wollte mit meiner Familie nach Falconbrigde zurückkehren und der Job als Trainer erlaubt dir das nicht. Ich bin zwar wie früher immer auf Reisen. Während 4 Tagen in der Woche bin ich mit dem Truck unterwegs, aber wenn ich wieder daheim bin, ist meine Frau glücklich. OK, um ehrlich zu sein, sie ist auch glücklich, wenn ich wieder auf einen Roadtrip gehe. Ein Mann muss eine sinnvolle Beschäftigung haben. Das Eishockey hat mir ein gutes Leben mit vielen Privilegien ermöglicht, aber nur die Beine Hochlagern will ich nicht. Dazu bin ich als 51 Jähriger noch zu jung. Lastwagen fahren ist eine einfache Tätigkeit und ermöglicht dir, viel zu denken; ich denke oft an meine NHL-Zeiten, aber auch an die Zeit in der Leventina zurück„ sagt die Ambri Legende Dale McCourt. Am Samstag, 17. Mai findet die grosse Galà Amarcord Biancoblù im Sala Multiuso in San Antonino statt. Für das spezielle Fanclub Fest zum 70 Jahr Jubiläum des HC Ambri-Piotta, hat der Fanclub BL15 exklusiv Dale McCourt samt Familie an seine alte Wirkungsstätte eingeladen. Da es sich bei der Stippvisite der Ambri-Legende um einen grossen Event handelt, wollten das die Organisatoren nicht nur auf einen einzigen Abend beschränken. Während einer Woche fanden zahlreiche Veranstaltungen mit Dale McCourt im ganzen Tessin statt. Infos unter www.bl15.ch

Text und Fotos: André Sägesser